Wo und wie braucht es Schutz für die Ostsee?

Falko Siering und Dagmar Struß

Der Ortsverband der Grünen Fehmarn hat am Freitag zum heiß diskutiertenen Thema „Nationalpark Ostsee“ ins Café Liebevoll eingeladen, um die Notwendigkeit des Schutzes der Ostsee und deren Zustand ins Bewusstsein zu bringen. Kernstück des Informationsabend war ein Vortrag von Dagmar Struß vom NABU über die verschiedenen Faktoren, die das Ökosystem Ostsee schädigen. Zu Beginn des Vortrags erklärte Struß, dass sich der NABU vor Wahlen eigentlich mit Informationsveranstaltungen zurückhält, aber es gebe gerade zum Thema Nationalpark viel Unwissenheit und Fehlinformationen, dass dies notwendig erschien. Im Wesentlichen geht es bei der Ostsee um die Unterwasserwelt, insbesondere um die Seegraswiesen und die Riffe. Diese beiden Grundarten von Lebensräumen sind gefährdet, und ihre Erhaltung ist von entscheidender Bedeutung für die Tier- und Pflanzenwelt der Ostsee sowie für das gesamte Ökosystem, von dem und mit dem wir Menschen leben.
Die Bedrohungslage bzw. die vielen zerstörerischen Einflüsse auf die Ostsee sind groß. Eutrophierung, Sauerstoffarmut, Sand- und Kiesabbau, Lärm, Pipelines, Fischerei, Plastik- und Schadstoffeintrag sind die Überschriften, zu denen Dagmar Struß detailliert die Zusammenhänge referiert hat. All dies führt zu Kipppunkten, die Artensterben und Todeszonen nach sich ziehen. Der NABU hält einen Nationalpark um und bei Fehmarn für eine sinnvolle Maßnahme, um den Schutz der Ostsee zu verbessern, da bisherige Anstrengungen nicht ausreichend waren. Die Seegraswiesen um Fehmarn herum sind wichtig, da durch Fehmarns geographische Lage die Gewässer um die Insel herum gut mit sauerstoff- und salzhaltigen Wasser aus der Nordsee versorgt wird und so im Vergleich zu anderen Bereichen der Ostsee bessere Brutbedingung herrschen. Die Eutrophierung, der schlechter werdende Wasseraustausch mit der Nordsee und der Temperaturanstieg des Wassers durch den Klimawandel haben in den letzten Jahrzehnten zu einer erheblichen Zunahme an Algen geführt, welche wiederum Todeszonen am Meeresboden zu verantworten haben. Dadurch sind vor allem in tieferen Lagen viele Seegraswiesen verschwunden. Nur in Ufernähe sind sie noch vermehrt zu finden. Es wird vermutet, dass dies auch einer der Gründe ist, warum sich der Schweinswal in die westliche Ostsee zurückgezogen hat. Daher müssen diese Flächen geschützt werden, um die Rückzugsräume der Tierarten zu erhalten und ihnen eine Chance zur Regeneration zu lassen. Dies bedeutet insbesondere, dass sie vor Unterwasserlärm geschützt werden müssen, da dieser sich negativ auf viele Brutprozesse auswirkt.

Dagmar Strauß, NABU Landesstelle Ostseeschutz


Auch sprach Struß umlaufende Irrtümer an: Bei einem Nationalpark werden Strände nicht flächendeckend gesperrt, sondern können weiter genutzt werden. Auch Häfen sollen weiter genutzt werden dürfen. Gleiches gilt für das Segeln. Küsten- und Hochwasserschutz werden kein Teil von einem Nationalpark und sind daher nicht gefährdet. Dies gelte auch für landwirtschaftliche Flächen. Auch touristische Einrichtungen (Hotels, Campingplätze, Ferienwohnungen etc.) werden weiterhin Bestand haben.
Auf die Fragen aus dem Publikum, was aber ein Nationalpark konkret für Land und Leute bedeutet, verwies sie auf den Konsultationsprozess, der alle Fragen, Ängste und Bedürfnisse erarbeitet und aufarbeitet. Auch war die Information, dass die Ausgestaltung eines Nationalparks, wenn er denn kommt, eine Zeitspanne von bis zu 30 Jahren dauern kann, aufschlussreich, da es hier nicht um Vollendung von Tatsachen innerhalb von zwei Jahren ginge. Auch das Thema Entfernung von Munitionsaltlasten und Nationalpark wurde angesprochen. Struß betonte, dass es unredlich sei, das Entfernen von Munitionsaltlasten gegen den Schutz der Ostsee auszuspielen, da beides gleichzeitig vorangetrieben werden müsse. Das Entfernen dieser Altlasten sei ein Jahrzehnte umfassendes Unterfangen und der Schutz der Ostsee muss zeitgleich erfolgen, wenn diese noch zu retten sein soll.
Falko Siering betonte zum Abschluss der Veranstaltung, dass natürlich ein Abwägen von Risiken und Potenzialen erforderlich ist. Der anstehende Prozess kann auch genutzt werden, Alternativen einzubringen. Dass die Ostsee geschützt werden muss, stand am Ende des Abends außer Frage, nur wie und der Weg dahin, ist der schon oft genannte „ergebnisoffene“ Prozess. Siering wünschte von allen Betroffenen ein konstruktives Mitgestalten als ein einfaches aber wenig Zielführendes „Nein“. Er beendete den Abend mit dem Satz: „Egal, wie das ganze ausgeht, ich wünsche mir und bin guter Hoffnung, dass der Prozess ein Gewinn für die Ostsee sein wird.“